mit den Aussies durch die Anden

Kaffeepause mit John und Linda auf einem Andenpass....
Kaffeepause mit John und Linda auf einem Andenpass....

Von Cajamarca aus wollen wir uns also weiter die Anden herunterarbeiten. Wir sind nämlich mit unseren Lieblingszottis im Titicacasee verabredet. Also heißt es Schubrakete!! Die Andendörfer bleiben weiterhin ursprünglich und die touristische Infrastruktur hält sich schwer in Grenzen, um nicht zu sagen, sie ist nicht existent. Und so kommt es, dass wir eines Abends schon in der Dämmerung mal wieder einen Übernachtungsplatz suchen und auf einem Schotterplatz abseits der Straße den "Global Roamer 2" von John und Linda aus Australien treffen. Den Truck hatten wir schon in Cajamarca gesehen, als wir uns das "Quarto del Rescate" angeschaut haben. Kurze Geschichtsstunde: in Cajamarca hat Pizarro seinerzeit ja den Inkahäuptling Atahualpa gefangen genommen. Dieser hat im Tausch gegen seine Freiheit den Spaniern ein Zimmer von Gold und Silber versprochen. Und zwar doppelt so viel Silber wie Gold und zwar so hoch geschüttet, wie er seinen Arm hochstrecken konnte. Die Markierung ist dort immer noch an der Wand und es ist uns schier unmöglich uns eine solche Menge an Gold und Silber vorzustellen und erst recht, wie viel Schmuck und Kunst von den Spaniern eingeschmolzen wurde. Nun ja. Genutzt hat´s im nix, hingerichtet haben die Spanier ihn trotzdem.... Also, zurück zu John und Linda. Wir parken also nebenan und freuen uns über so nette Nachbarn. Schnell stellt sich heraus, dass wir beide in dieselbe Richtung wollen und es auch beide eilig haben. Prima! Also fahren wir doch zusammen!

Werbung für die Kartoffelpartei: Kreuz die Kartoffel an!!!
Werbung für die Kartoffelpartei: Kreuz die Kartoffel an!!!

Weiterhin kommen wir nicht klar, wie die Menschen hier leben. Die Widersprüche wollen nicht enden. Am besten finden wir die Bemalungen der Lehmhütten. Letztes Jahr war nämlich Wahljahr in Peru und somit sind die Häuser mit Wahlwerbung für die unterschiedlichsten Parteien äußerst bunt bemalt. Diese Werbung ist so gestaltet, dass auch wirklich jeder Analphabet es versteht. Nach dem Motto: "Kreuz den Spaten an" oder "Kreuz den Baum an". Wera wüßte auf jeden Fall schon, wen sie gewählt hätte: "Marca la Papa" -  Die Kartoffel-Partei! Keine Ahnung, was die so können, aber die sind sicher gut für die Kartoffelbauern. Wer weiß, vielleicht würden sie Kartoffelkäfer-Gift umsonst verteilen. Auf jeden Fall gäb´s wahrscheinlich immer viel Kartoffel :-)  Eine Häuserwand weiter liest man dann " Hier in Huallanca haben wir den Anaphalbetismus besiegt" - Wer´s glaubt, wird selig, die politischen Parteien glauben es offensichtlich nicht- und wir auch nicht so recht....

dieser LKW hat wenigstens Platz gemacht
dieser LKW hat wenigstens Platz gemacht

Das Wetter ist etwas besser, mal Regen, mal Sonne und keine weiteren Erdrutsche. Wir kommen also gut durch, auch wenn die schmalen Erdstraßen mit ihrem Ausblick auf den Abgrund einem manches Mal den Atem rauben- die abwechslungsreiche Andenlandschaft entschädigt uns aber für die Strapazen....Auch wenn der peruanische Andenverkehr wirklich alles Bisherige an Dreistigkeit übertrifft. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es scheint uns, den Peruanern geht einfach alles ab, was auf deutsch auf -sicht endet. Weitsicht, Umsicht, Nachsicht, Rücksicht- nicht die leiseste Spur davon. Null. 

Außerdem scheint das Autofahren hier nicht an einen Führerschein geknüpft zu sein oder aber der Führerschein nicht an zu absolvierende Fahrstunden. Der Rückwärtsgang wird nämlich grundsätzlich nicht benutzt, und wenn er doch mal eingelegt wird, liegen die Chancen, dass im Rückwärtsgang der Straßenrand oder eine Parklücke erreicht wird bei ca 1%.  Was macht man zum Beispiel, wenn man in einer langgezogenen Kurve den entgegenkommenden Verkehr sieht? Richtig, man fährt langsam und vorsischtig an den rechten Fahrbahnrand und passiert den Gegenverkehr. Nicht aber in Peru! Hier hält man tüchtig die Fahrbahnmitte und hofft, dass der Andere sich in Luft auflöst. Nicht selten steht uns (am rechten Fahrbahnrand stehend) ein Bus gegenüber, dessen Fahrer voller Unverständnis uns bedeutlich machen will, wir hätten gefälligst zurück zu fahren!!! Und das obwohl auf seiner Seite noch mehr als eine Busbreite Platz ist!!! Unmöglich!!! Wera ist dabei ganz froh, dass die Leute Frisos portugiesische Flüche nicht verstehen. Wir hätten sicher schon Klopperei gehabt, wenn die Beschimpften verstanden hätten, dass man ihnen "Beweg dein Scheißstück einer Mistkarre gefälligst von der Straße du Arsch" entgegenruft ;-)

 

Frühstück mit Aussicht ...
Frühstück mit Aussicht ...

Auf dem Weg in die  "Cordillera Blanca" -  der schneebedeckten Bergkette fahren wir durch den "Canyon del Pato" (Entenschlucht?) einer schmalen Schlucht durch die sich eine Straße mit 35 rustikalen Tunneln schlängelt. Eine tolle Strecke, nur das mit dem Gegenverkehr ist schwierig, da es nur eine Spur gibt in den Tunneln. Schlaglöcher zieren die Straße und im letzten Tunnel fängt der Truck von John und Linda beim Durchfahren eben selbiger etwas an zu schaukeln und die Markise knallt volles Ballett gegen einen vorstehenden Stein. SO EIN MIST! Gaffa-Tape tuts retten und es nützt ja nix.

Die Cordillera ist leider im dichten Nebel verhüllt und wir haben leider keine Zeit zum verweilen, um die Gegend zu erwandern. Aber wir bleiben zumindest eine Nacht und der nächste Morgen überwältigt uns mit einer Farbexplosion und dem Ausblick auf mehrere 6000er Gipfel. Die darauf folgende Fahrt über den Andenpaß hat nicht weniger Charme. Wir genießen jeden Kilometer und kommen auf toller Asphaltpiste super durch. Abends machen John und Friso wieder ein super Lagerfeuer und das Camper-Glück ist perfekt.  Und so gehen die meisten Tage unsere gemeinsamen Tour vorbei. Mittags immer eine feine Pause mit Aussicht und abends ein gemütliches Lagerfeuer mit deutsch-australianischem Buffet und feinen Gesprächen.

ein wahres Glücksschwein :-)
ein wahres Glücksschwein :-)

Was uns außerdem gut gefällt, ist die rustikale Tierhaltung der Andenvölker. Morgens werden die Schafe, Kühe, Esel, Schweine zum Grasen getrieben. Die lieben Tiere dürfen frei laufen, für die widerspenstigen werden Halfter oder Halsbänder geknüpft an denen sie dann angebunden werden. Und abends treibt man sie eben wieder zurück in ihren Stall. Viele dieser Viecher sind super neugierig und oft haben wir das Gefühl, dass sie uns beobachten, statt wir sie. Weras Kamera wollen sie aber alle anschlecken. Einziger Wehrmutstropfen ist das Leben der Hunde. Die führen nämlich wirklich -wie in weiten Teilen Südamerikas- ein wahres Hundeleben ohne jegliche Zuwendung. Wir haben auf jeden Fall immer Abnehmer für unsere Essensreste.

 

Werra und der Künstler
Werra und der Künstler

Auf dem Weg bieten sich allerdings ein paar hervorragende Gelegenheiten zum Erwerb von Kunsthandwerk jeglicher Art. Und da wir ja bei Joachim in Ecuador jede Menge Plünn abgeladen haben und ja auch bald nach hause müssen, können wir ja jetzt ein bißchen S-H-O-P-P-E-N. Bis jetzt erstanden ein Pullunder aus Schafwolle für Wera, ein schafwollener Teppich sowie eine "Glückskirche", welche das Dach unseres zukünftigen Hauses zieren und dort jegliches Unheil von uns abwenden soll. *freu*

das Brautpaar
das Brautpaar

Durch Zufall geraten wir eines Tages in die Mitte einer fröhlich tanzenden Hochzeitsgesellschaft. Hochzeiten sind hier nämlich öffentlich. Nach dem Standesamt trifft sich die Gesellschaft mit viel Bier auf dem Marktplatz, die Kapelle spielt und in der prallen Mittagssonne wird getrunken und getanzt. Von dort aus kann dann jeder, der Hunger oder Lust hat, bei den Brautleuten noch zum Weiterfeiern einkehren. Wow...... Wir bekommen sofort eine Flasche Bier in die Hand gedrückt und können uns nur knapp den Einladungen zum Weiterfeiern entziehen.

Da sich unsere Route weit abseits der klassischen Touristenrouten bewegt, erregen wir entsprechend viel Aufsehen. Das ist bei den Peruanern allerdings etwas schwierig. Es gibt nur wenige, die sich trauen, auf uns zuzukommen und uns anzusprechen. Die meisten Menschen kichern und glotzen nur und drehen sich weg, wenn man sie darauf anspricht. Das ist doch etwas lästig. Man stelle sich eine sonntägliche Plaza vor, auf der hunderte von Spaziergängern tummeln. Wir steigen aus dem Auto und alle Gespräche verstummen und hunderte von Augen starren uns an und verfolgen unsere Schritte. Das ist nicht schön! Wir sind für die wohl irgendwie sowas wie die Fleisch gewordenen Models aus Werbung und Film. Denn: Ob Handy-, Zahnart-, Bank- oder Nudelwerbung: Es sind immer hellhäutige, blonde, europäische Typen zu sehen. Ebenso in den Seifenopern, ebenso in den Zeitschriften. So richtig verstehen können wir das nicht, die wir ohne "Standesdünkel" und "Klassendenken" großgeworden sind. Der europäische Typ ist in, reich, gesund, schön und erfolgreich. Automatisch. Das geht sogar so weit, dass wir von den Leuten angesprochen werden, die ein Foto mit uns wollen. Fehlt noch, dass wir Autogramme geben. Wir nehmens mit Humor und posieren bereitwillig. Es nützt ja nix.

John, Linda und Friso bestaunen die Trachten
John, Linda und Friso bestaunen die Trachten

So durch die Anden fahrend, schaffen wir in zehn Tagen 2300km und erreichen pünktlich am 5.2. Puno am Titicacasee. Und das ist ein totaler Glücksgriff. Denn hier ist gerade die "Fiesta de la Virgen de la Candelera". Die heilige Jungfrau von Candelera ist nämlich Schutzpatronin von Puno und ihr zu Ehren und um ihr zu danken, gibt es jede Menge Tanz und Musik. Die einzelnen Dorfgruppen ziehen in farbenfrohen Trachten tanzend durch die Straßen. Insgesamt 72 Gruppen. Wir schätzen ca 5000 Teilnehmer und locker doppelt so viele Zuschauer. Kurz: Es ist die Hölle los! Die Straßen sind gesperrt, die Leute sind besoffen und es ist laut und geruchsintensiv. Wir beschließen, die Autos erstmal am verabredeten Treffpunkt der Posada del Inka, direkt am See, abzustellen und von dort aus mit den Öffis in die Stadt zu fahren. So wird dieser Tag zum Tag der öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem Collectivo in die Stadt, einem Neunsitzer, in dem 20 Mann Platz finden, dazu auch gerne Hühner und Kartoffelsäcke. Dann weiter mit der Rikscha ohne Gangschaltung. MItten durch die übenden Tanzgruppen. Dann bestaunen wir stundenlang das bunte Treiben, bevor wir mit dem Mototaxi zurück ins Hotel düsen, um gemeinsam mit Tina und Clemens das Willkommensessen und mit John und Lina das Abschiedsessen im Hotelrestaurant zu uns zu nehmen.

.... ein farbenfrohes Fotoalbum mit den Bildern des zweite Abschnittes durch die Anden mit unseren Australieren folgt baldigst :-)

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