Ruinen,Linien,Mumien---Schubrakete!

ganz Cuzco steht fest auf Inka-Fundamenten.
ganz Cuzco steht fest auf Inka-Fundamenten.

So. Cuzco. oder Cusco. Die Schreibweise bleibt uns unerklärt. Da sind wir nun, in der herrlichen und unglaublichen, seit Jahrtausenden bewohnten Stadt. Für die Inka war es eine Hauptstadt und die Spanier errichteten später auf den massiven Fundamenten ihre Kolonialstadt. Ja, es ist auch eines von Südamerikas Gringo-Mekkas. Goretex und Trekkingsandalen und kunterbunte Möchtegernhippie-Styles mischen sich unter die Einheimischen. Mode wird offensichtlich gern zuhause gelassen. Vor allem sind die bunten grobes trickten Stulpen im Andenmuster der Hit unter den Hellhäutigen. Und Wera traut sich nicht, diese modischen Gräueltaten zu fotografieren. Aber auch wir geben gern zu: Hier ist es wirklich wunderschön. Die Stadt ist sehr gepflegt und es gibt tatsächlich alles, was das Reiseherz begehrt. Sogar ein Starbucks. Und zwar den größten Perus. Uns wundert nichts mehr. Aber wir sind ja nicht nur zum Staunen hier, sondern um eines der "Modernen Sieben Weltwunder" anzuschauen, Machu Picchu. Zumindest für die männlichen Teilnehmer unserer Reisegruppe einer, wenn nicht sogar der Grund, nach Südamerika zu fahren. 

 

während wir  in Cuzco den Tickets hinterherlaufen, macht das Sprinterli sich auf dem Camping nützlich
während wir in Cuzco den Tickets hinterherlaufen, macht das Sprinterli sich auf dem Camping nützlich

Da es sich aber auch um eines der meist besuchten Ziele Südamerikas handelt, kann man da nicht so einfach hinfahren und gucken. Die Besucherzahl ist auf 2500 Personen pro Tag limitiert. Für den  Aussichtspunkt sogar auf 400. Natürlich wollen wir nicht nur durch die alte Inkastätte laufen, sondern sie auch von oben, vom Aussichtspunkt aus, sehen. Da sich die peruanische Regierung oder das Fremdenverkehrsamt oder wer auch immer in Peru für sowas zuständig ist, aber jedes Jahr etwas Neues ausdenkt, um den Individualtourismus einzudämmen, ist zunächst schon die Beschaffung der Tickes eine mittlere Herausforderung. Bei der Touristeninfo gibt´s die nicht und eine organisierte Tour dorthin wollen wir ja auch nicht machen. Irgendwann stehen wir vor dem richtigen Büro, das hat aber schon geschlossen. Also kaufen wir doch online. Das geht dann auch reibungslos vonstatten. Schritt zwei ist der Transport nach Aguas Calientes, so heißt das Dorf am Fuße des Berges, auf dem oben Machu Picchu liegt. Falls wir es noch nicht erwähnt haben, es ist Regenzeit und so erfahren wir auch ziemlich schnell, dass die Straße kurz vor Aguas Calientes von einem Erdrutsch begraben wurde. Wir haben bis auf Weiteres gehörig die Nase voll von in Erdrutschen feststecken und somit beschließen wir, zumindest noch ein Dorf weiter zu fahren, nach Ollantaytambo und dort in den Zug nach Aguas Calientes zu steigen. Soweit der Plan. Wir holen die Zugfahrzeiten ein und vergewissern uns mehrmals, dass die Züge, weil ja Nebensaison, nicht ausgebucht sein werden und wir in Ollantaytambo kurz vor Abfahrt noch Tickets kaufen können. 

Einen Abend vor dem von uns gebuchten Besichtigungstermin kommen wir in also am Bahnhof an. Dort teilt man uns mit, dass es erstens für heute in keiner der beiden Bahngesellschaften freie Plätze mehr gibt und dass zweitens die Zugfahrpläne, die wir in den Händen halten, nicht stimmen und dass drittens, die Eintrittszeiten für den ollen Aussichtspunkt (wir haben den Slot 7.00-8.00 Uhr gebucht)  nicht mit den Zugfahrzeiten koordiniert sind und wir somit in jedem Fall den Aussichtspunkt nicht rechtzeitig erreichen. Das sorgt für Stimmung im Nieselregen. Nach kurzer Krisenbesprechung beschließen wir, es doch mit dem Auto zu versuchen. Und die restlichen Kilometer notfalls auf dem Miet-Esel zu reiten. Vielleicht ist die Straße ja inzwischen geräumt. Sechs Stunden später und um zwei Uhr nachts stehen wir wieder auf dem Parkplatz am Bahnhof und sind eines besseren belehrt, total im Arsch, müde, kaputt und schlecht gelaunt. Zur eigentlich kritischen Stelle sind wir gar nicht gekommen. Einige Kilometer vorher ist ein weiterer Erdrutsch niedergegangen und somit werden wir zum Aufgeben gezwungen. Rückzug, wieder über den Paß, wieder durch zahlreiche Flüße. Viel Regen fehlt nicht, um die komplette Strecke zum Kollabieren zu bringen. Die Strecke ist allerdings größtenteils asphaltiert und in der Trockenzeit sicherlich hervorragend zu befahren. 

 

erst Käffchen, dann Frühstück....gäähhhn....
erst Käffchen, dann Frühstück....gäähhhn....

Nach vier Stunden Schlaf klingelt der Wecker und wir sind die ersten am Schalter für Zugtickets. PeruRail will uns nach wie vor nicht, aber bei Inka-Rail gibt es noch freie Plätze. Schnell die bereits für zwei Tage gepackten Rucksäcke etwas erleichtern und dann rennen wir schon auf den Zug zu. Im Abteil die große Überraschung, weiße Ledersitze, aufgeteilt an Tischen. Und das ist nur die Holzklasse. Als dann noch leckerer Kaffee umsonst verteilt wird, sind wir restlos begeistert und packen erstmal unser Frühstück aus. Natürlich, wie es sich für gute Deutsche auf Bus- und Bahnreisen gehört, mit hartgekochtem Ei :-))  und Stullen. An uns vorbei zieht herrliches Panorama. Die Bahnstrecke verläuft an einem reißenden Fluß, der schon an manchen Stellen gruselig nah an den Schienen entlang peitscht. Rechts und links davon, sattgrüne steile Berge, teils im Nebel, teils von der Morgensonne bestrahlt.

 

...mal wieder anstehen für Tickets....
...mal wieder anstehen für Tickets....

In Aguas Calientes angekommen, müssen wir wieder anstehen, diesmal am Ticketschalter für den Bus, der uns rauf zu Machu Picchu fahren soll. Das kostet natürlich auch wieder Geld. Irgendwann haben wir die Tickets, sitzen im Bus und stehen bald vor dem Eingang und es regnet zur Abwechslung mal nicht. Aber es ist auch schon halb zehn und somit eigentlich schon viel zu spät für unsere Tour zum Aussichtspunkt Wayna Picchu. 

 

einer der wenigen Augenblicke, wo Machu PIcchu durch die Wolken schimmert....
einer der wenigen Augenblicke, wo Machu PIcchu durch die Wolken schimmert....

Die Frau an der Ticketkontrolle läßt sich von Frisos Charme und unserer Geschichte von der nervenaufreibenden Anfahrt überzeugen und läßt uns doch noch rein. Was dann kommt, darauf sind wir alle mit nur vier Stunden Schlaf denkbar schlecht vorbereitet. Es ist die reinste Kletterei. Irgendwie wurden zwar Stufen in den Berg gehauen, aber die sind oft schmal, oft rutschig und oft sehr hoch. Völlig- und das trifft auf uns alle vier zu- kaputt schleppen wir uns die letzten Meter hinauf, bis wir ein schönes Plätzchen mit Aussicht finden. Aussicht auf die Wolken. Wolken. Wolken. Da! Da schimmert mal ein Haus durch! Wo!? Schon wieder weg. Wolken. Dann gehen die Wolken langsam über in Regen. Dann dichtere Wolken. Wir schlagen drei Stunden dort oben tot, essen noch einmal Stullen und dann machen wir uns im Nieselregen an den Abstieg. Es nützt ja auch nix. Dann folgt noch ein ausgiebiger Spaziergang durch die alten Inkaruinen und ja- es ist riesengroß, es ist unglaublich beeindruckend und wunderschön. Aber es gibt keinerlei Erklärungen oder Erläuterungen, es sei denn, man nimmt sich einen Führer, das kostet natürlich extra und das finden wir in Anbetracht der immensen Summe (ca 300 USD p.P), die man aufbringen muß, um überhaupt hier zu stehen, doch etwas unverschämt. Außerdem ist in der Zwischenzeit aus leichtem Regen Starkregen geworden und als die Regenjacken langsam durchnässen beschließen wir den Rückzug. 

 

nicht nur der Schienenverkehr wird von den übervollen Flüssen bedroht...Nix wie weg hier!
nicht nur der Schienenverkehr wird von den übervollen Flüssen bedroht...Nix wie weg hier!

Im Bus sitzend müssen wir eine halbe Stunde warten, bis auch wirklich jeder Platz im Bus besetzt ist, vorher weigert sich der Fahrer, sogar trotz einer Beschwerde einer Peruanerin, loszufahren. Dann, in Aguas Calientes wieder das schier Unmögliche: Zugtickets kaufen. Bei PeruRail will man uns keine verkaufen. Wir gehen erstmal was Warmes trinken. Irgendwann erwischen Clemens und Friso beim InkaRail Schalter auch noch einen Arbeitswilligen und kaufen unsere Rückfahrt. Außerdem werden die beiden darüber informiert, dass der Personentransport nach Aguas Calientes eingestellt wird und man nur noch versucht, die Leute von dort wegzubringen. Grund dafür: Der die Eisenbahnstrecke begleitende Fluß ist auf eine Wassermenge von 640 Kubikmetern Wasser pro Sekunde (!) angeschwollen und man befürchtet Unterspülung der Gleise. Puh! Da sind wir aber froh, dass wir hier noch wegkommen!

Mit einer Mischung aus Erleichterung, Frohmut und Frust aber wenigstens mit großer Müdigkeit fallen wir später im Sprinterli in die Kissen. Am nächsten Morgen wollen wir auch nur ganz schnell weg. Weg aus den Anden, weg aus dem Regen, den Erdrutschen, den Katastrophenmeldungen. Im Café am Eck kaufen wir noch etwas Proviant und stellen fest: Keiner von uns hat jemals bessere Schoko-Brownies gegessen als die von dieser Exil-US-Amerikanerin dort in Ollantaytambo am Eck. Wer dort vorbei kommt: Unbedingt testen. 

 

der Kolibri, das am besten sichtbare Scharrbild in der Wüste
der Kolibri, das am besten sichtbare Scharrbild in der Wüste

Zwei Tage später erreichen wir in Nazca wieder die Küste und somit die Panamerikana. Diesmal wollen wir auch den Flug wagen, damit wir die rätselhaften Linien und Bilder, die vor wer-weiß-wievielen Jahren von wer-weiß-wer dort in den Wüstensand gescharrt wurden. Für alle diejenigen unter Euch, die es näher interessiert, Erich von Däniken hat selbstverständlich eine Antwort auf all diese Fragen bereit. Wir steuern also zuerst den örtlichen Überflug-Flughafen an und vereinbaren für 80 USD p.P. einen Flug für den nächsten Morgen um sieben in der Früh. Dann ist es weniger windig und somit wird einem weniger schlecht.  Den Abend verbringen auch wir in der Massion Suisse, dieser wirklich wohl einmal gut gemeinten aber schwer in die Jahre gekommenen Ferienanlage und genießen ein Fläschchen Wein und recht passables Internet. Früh aufstehen fällt uns natürlich wie immer recht schwer, aber da der Flieger nur vier Sitze hat und wir die vier Passagiere sind, die darauf Platz nehmen werden, nehmen wir das sehr gelassen und müssen natürlich vor Ort am Flughafen trotzdem noch eine ganze Weile warten, bevor es losgeht. Vom Flieger und vom Piloten und vom Wetter her sind wir tüchtig überrascht, das ist alles prima in Ordnung und keinem von uns wird schlecht und die Zeit vergeht im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Auch die Bilder im Wüstensand sind sehr beeindruckend. Viel interessanter sind die scheinbar unzusammenhängenden Linien und Flächen dazwischen. Vielleicht hat der Herr Däniken doch recht….. großer Weltraumbahnhof und die ollen Figuren sind nur der Ersatz für die Blumenbeete oder so.

 

Mumie.
Mumie.

Aber die Wüste um Nazca herum hält noch mehr für uns bereit und wir wollen uns einen alten Friedhof ansehen. Information gibt es auch hier keine, aber die zahlreichen losen Knochen, die überall noch im Wüstensand herumfliegen, lassen darauf schließen, dass Grabräuber über Jahrhunderte hinweg hier ordentlich gewildert haben und dass man jetzt nur einige Gräber wieder hergerichtet hat. Wer weiß denn auch schon, ob der Kopf auf dem richtigen Bündel Knochen liegt. Ist ja für uns auch irgendwie egal. Es sieht schon sehr skurril aus, wie die Toten dort in den ausgemauerten Gräbern in der Wüstenerde hocken und ihre leeren Blicke über die trostlose und trockene Landschaft schweifen lassen. Brrrrr.

 

Camping im Paracas Nationalpark an Perus Wüstenküste
Camping im Paracas Nationalpark an Perus Wüstenküste

Wir sind ja in Hektik. Das lieben wir besonders. Aber es nützt ja nix. Wir müssen Richtung Norden, wenn wir am 23. in Cartagena, Kolumbien, unseren Container erwischen wollen, in dem das Sprinterli nach Deutschland schwimmen soll. Den Abschied wollen wir mit Kristina und Clemens im Nationalpark Paracas feiern. Vorher nehmen wir noch einen Drink in der Oase und erst nach Sonnenuntergang rollen wir auf unsere Übernachtungsplätze am Wüstenstrand. Die Männer machen Feuer und wir sitzen gemütlich beisammen, essen wir immer hervorragend und als Absacker trinken wir noch einen feinen Tropfen tropischen Likör aus der Destillerie Bonanza. Guter Nachtschlaf garantiert. Nach einer ruhigen Nacht gibt es einen ausgedehnten Strandspaziergang mit anschließendem Riesenfrühstück. Danach müssen wir den Sprinter noch aus dem doch recht tiefen Sand befreien (ha! eine unserer leichtesten Übungen, so ohne Regen und Schlamm) und dann steht der Abschied von unseren Zottis an. Einen kleinen Abschiedsschmerz und tüchtig Wehmut im Herzen fragen wir uns, als der Defender am Horizont verschwindet, wann und vor allem wo wir uns wohl Wiedersehen…..

 

so mögen wir das! ein Strand fast ganz für uns alleine....
so mögen wir das! ein Strand fast ganz für uns alleine....

Dann folgen ein paar Tage ziemlich langweiliges Fahren. Die Panamerikana, die Wüste, hin und wieder eine staubige Stadt. Schöne oder gar idyllische Schlafplätze sind rar. Und so stehen wir schon Samstag Mittag kurz vor der Grenze zu Ecuador. Da wir aber ja wissen, dass wir bei Einreise nach Ecuador nur acht Tage Aufenthalt bekommen werden und wir wegen abschließenden Werkstattbesuch in Guayaquil halten wollen und da dort ja erst Montag Morgen wieder gearbeitet wird, drehen wir kurzerhand um. Und finden- endlich! wir hatten schon gedacht, das gibt´s in Peru nicht- unser persönliches kleines Strandparadies südlich von Zorritos im "CasaGrillo". Ganz nach unserem Geschmack. Campen direkt am Strand, saubere Toiletten (mit Klobürste und Papier, jeder Südamerika-Reisende weiß, was für eine Seltenheit das ist) und einem netten Restaurant und sogar Wifi dabei. 

Hier harren wir also bis Montag aus und dann reisen wir in aller Frühe in Ecuador ein und bei Mercedes auf den Hof. Bremsklötze, Filter, etc. pp. noch ein letzter Check-up vor der Heimreise.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Susan (Freitag, 02 März 2012 17:59)

    I loved your write up of Cusco! It reminded me a lot of being there last year:) And Paracas! I also really enjoyed being there, but I guess if you need to get North quickly... you had to push on. It's great to hear also that you and Kristine and Clemens have continued to meet along the way too!
    I am in Arequipa, but leaving for some hiking in Huaraz if it's not too wet, then also to Ecuador and Colombia to fly out of Cartagena in April:)
    Have adventurous and safe travels for the last part of your route here!

  • #2

    Masticating Juicer (Dienstag, 23 April 2013 05:56)

    This is an excellent write-up! Thanks for sharing!